Autor:

Dipl.-Ing. René Fuchs 2020,  Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (IHK)

Bestellungsgebiet: Schimmelpilze und Schadstoffe in Innenräumen

Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. René Fuchs

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Polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Einsatzgebiete von PAK in Gebäuden

Die Gruppe der polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) umfasst mehrere hundert Verbindungen, die typischerweise durch Verbrennungsprozesse entstehen (Pyrolyseprodukte), also in Gebäuden heute meist in Folge von Brandschäden als Oberflächenkontaminationen auftreten.

Als Baumaterialien wurden PAK-haltige Materialien insbesondere wegen ihrer guten Langzeitbeständigkeit und Dichtheit im Holzschutz, Korrosionsschutz und Feuchteschutz über viele Jahrhunderte häufig eingesetzt. Teerkleber, -abdichtungen, -dacheindeckungen, teerhaltige Anstriche auf Wänden, Trennlagen in Fußbodenaufbauten, Kabelisolierungen oder Holzimprägnierungen sind daher in älteren Gebäuden bis in die 1960er und frühen 1970-er Jahre oft noch anzutreffen. Bei Dachabdichtungen kann neben den PAK-Inhaltsstoffen zusätzlich auch Asbest  verarbeitet worden sein.

Neben dem typischen schwarz-glänzenden Aussehen weisen diese Bauprodukte meist einen deutlichen Teergeruch auf, der gerade in Sommermonaten deutlich wahrnehmbar ist und auch durch Bodenbeläge oder Putzschichten leicht hindurch diffundieren kann. Die ähnlich aussehenden Bitumenkleber, -dichtbahnen oder –asphalte riechen wenige intensiv und sind als typische Erdölprodukte meist weitgehend frei von polyaromatischen Kohlenwasserstoffen und gesundheitlich unkritischer.

Da bei Untersuchungen von Raumluft, Material, Hausstaub und Oberflächen nicht alle Einzelverbindungen der PAK bestimmt werden können, konzentriert man sich meist auf die sogenannten EPA-PAKs, eine Auswahl von

16 PAK-Verbindungen:

Naphthalin, Acenaphthylen, Acenaphten, Fluoren, Phenanthren, Anthracen, Fluoranthen, Pyren

Benz(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Benzo(a)pyren, Dibenzo(a,h)anthracen, Benzo(g,h,i)perylen, Indeno(1,2,3-c,d)pyren

 

Die Verbindung Benzo(a)pyren (BaP) dient bei Hausstaub- und Materialproben als Leitsubstanz, um Material als PAK-haltig zu klassifizieren und weitergehende Maßnahmen zu veranlassen, zum Beispiel bei Parkettfußböden mit teerhaltigem Kleber. Es ist zu beachten, dass in vielen Materialien und im Staub eine Hintergrundbelastung an Benzo(a)pyren und anderen PAK-Verbindungen vorliegt, insbesondere auch in Estrichen und anderen mineralischen Baustoffen.

Nach TRGS 905 sind Materialien mit Benz(a)pyren-Gehalten über 50 mg/kg als Gefahrstoff eingestuft. Nach TRGS 906 ab EPA-PAK-Gehalten über 1000 mg/kg.

 Anwendungszeiträume, Regelungen und Verbote

Die meisten PAK-haltigen Kleber, Beschichtungen wurden vor Mitte der 1960er- Jahre eingebaut, seltener werden in Gebäuden noch PAK-haltige Parkettkleber aus den 1970er-Jahren festgestellt. Im Holzschutz für den Außenbereich waren teerhaltige Imprägnierungen bis Anfang der 1990er Jahre zulässig.

Das Verbot des Inverkehrbringens gilt für private Endverbraucher seit 1991 (Teerölverordnung); allgemein seit 2002 abgesehen von einige Spezialanwendungen durch die Chemikalienverbotsverordnung.

Gesundheitliche Gefährdungen

Eine akute Toxizität liegt insbesondere bei gasförmigen PAK wie Phenolen, Kresolen, Napththalin durch Atemwegsreizungen vor. Außerdem können auch deutliche Geruchsbelästigungen auftreten. Die Geruchsschwelle von Naphthalin liegt bei ca. 2 µg/m³ und damit in einem sehr niedrigen Bereich unterhalb des Vorsorgewertes RW I (10 µg/m³).

Viele PAK-Einzelkomponenten sind krebserzeugend, mutagen und erbgutverändernd (chronische Toxizität).

Die polyaromatischen Kohlenwasserstoffe sind fettlöslich und können durch Hautkontakt, luftgetragene Komponenten durch die Atmung (insbesondere beim Rauchen) und auch die Nahrungsmittel aufgenommen werden (Grillfleisch o.a.).

Messtechnik und Bewertung

Eine Untersuchung auf PAK ist meist nur in Gebäuden oder Umbauten aus den Jahren vor 1965 sinnvoll, weil später meist Ersatzprodukte verwendet wurden.

Da einzelne PAK-Verbindungen abhängig von ihrem Siedepunkt entweder in der Staubfraktion partikelförmig oder gasförmig vorliegen, muss dies bei der Messplanung beachtet werden. In der Raumluft können staubgetragene und gasförmige Anteile separat gemessen werden.

Zur Beurteilung schädlicher Einträge von teerhaltigem Parkettkleber in Innenräume geben die „PAK-Hinweise“ aus dem Jahr 2000, die jedoch nicht in alle Länder baurechtlich umgesetzt haben. Hiernach wird bei Parkett-Klebergehalten > 10 mg/kg BaP der Hausstaub (Frischstaub) überprüft und wenn hierin mehr als 100 mg/kg BaP nachgewiesen werden besteht Handlungsbedarf.

 

Auszug aus PAK-Hinweise (2000)

 

Von der ad-hoc-Kommission am Umweltbundesamt wurden folgende Raumluft-Richtwerte veröffentlicht:

Summe Naphthalin, Naphthalin-ähnliche und tricyclische PAK:

RW I: 10 µg/m³ (Vorsorgewert)

RW II: 30 µg/m³ (Gefahrenwert)

 

Phenol:

RW I: 20 µg/m³ (Vorsorgewert)

RW II: 200 µg/m³ (Gefahrenwert)

 

Summe der Kresole:

RW I: 5 µg/m³ (Vorsorgewert)

RW II: 50 µg/m³ (Gefahrenwert)

 

Umgang und Sanierungsmaßnahmen


Die Erkundung PAK-haltiger Materialien im Vorfeld von Baumaßnahmen oder zum Nutzerschutz ist Aufgabe des Eigentümers/ Bauherrn nach Baurecht und Abfallrecht. Das bauausführende Unternehmen muss unabhängig hiervon gemäß Gefahrstoffrecht, Arbeitsschutz- und Abfallrecht die Materialien mit denen umgegangen wird prüfen und eine sachgerechte Bearbeitung sicherstellen.

PAK-Sanierungsmaßnahmen sollten auf Basis eines objektbezogenen Sanierungskonzeptes sowie Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung von einer Sanierungsfachfirma ausgeführt werden. Die Vorgaben der TRGS 524 „Arbeiten in kontaminierten Bereichen“ und DGUV 101-004 und 213-045 sind einzuhalten.

Bei der Sanierung sind die primärbelasteten Materialien sachgerecht auszubauen und sekundäre Anlagerungen durch abschließende Feinreinigungen zu entfernen.

Die Arbeitsschutzauflagen bezüglich Umgebungs- und Mitarbeiterschutz sind vergleichbar mit Asbest- und PCB-Sanierungen: Die Sanierungsbereiche müssen staubdicht zu den Nachbarbereichen abgeschottet und technisch belüftet werden, die Sanierungsmitarbeiten müssen persönliche Schutzausrüstung tragen, abschließend sind Feinreinigungsmaßnahmen mit H12-Saugern und Beschichtungen an Bauteiloberflächen vorzunehmen. Der Sanierungserfolg ist durch Wischproben oder Luftproben zu überprüfen. Die Oberflächen-Richtwerte hierfür liegen für Industriebereiche bei < 100 µg/m², für Wohn- und Büroräume bei < 10 µg/m². Die Raumluftkonzentrationen sollten unterhalb der vorgenannten Vorsorgewerte RW I liegen.

 

Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. René Fuchs

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Literaturnachweis

/1/ Hans-Dieter Bossemeyer, Schadstoffe im Baubestand, Rudolf Müller Verlag 2016

/2/ Umweltbundesamt Texte 36/97: Technische Maßnahmen zur Verminderung der Risiken durch künstliche Mineralfasern (KMF) sowie Anforderungen an mögliche Alternativen, Forschungsbericht 101 01 131, UBA-FB 98-036

/3/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 905: Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe, Ausgabe April 1995, Bekanntmachung des BMA betreffend die TRGS 905; Bundesarbeitsblatt 10 (1996)

/4/ Umweltbundesamt: Untersuchungen zur Innenraumbelastung durch faserförmige Stäube aus eingebauten Mineralwolle-Erzeugnissen; UBA-Texte 30/94, Umweltbundesamt 1994

/5/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 521: Faserstäube Ausgabe Oktober 1996/ Fassung April 1999, Carl Heymanns Verlag Köln/// Länderausschuß für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik LASI: Leitfaden Künstliche Mineralfasern LV 17

/6/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 TRGS 519 (Fassung 31.10.2019) - Seite 1 von 83 - Ausschuss für Gefahrstoffe - AGS-Geschäftsführung - BAuA - ww.baua.de/ags -

Ausgabe: Januar 2014, GMBl 2014 S. 164-201 v. 20.3.2014 [Nr. 8/9]

zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2019 S. 786-798 v. 17.10.2019 [Nr. 40] *)

/7/  Hinweise für die Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung durch Parkettböden mit Teerklebstoffen in Gebäuden (PAK-Hinweise) - Fassung April 2000 - Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz - Konferenz der für Städ-tebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU)

 

/8/ Asbest-Richtlinie, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie) (1996-01)

 

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