Asbest

Autor:

Dipl.-Ing. René Fuchs 2019,  Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (IHK)

Bestellungsgebiet: Schimmelpilze und Schadstoffe in Innenräumen

 

Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. René Fuchs

Ihr Baubiologie-Partner für gesunde Innenraumluft

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Asbest

Anwendungen, Gesundheitsgefährdungen, Einstufung, Umgang

Einteilung Asbestarten, Einsatzgebiete, Produkte

Asbest ist ein natürlich vorkommendes Mineral (faserförmiges Silikat), das in Tagebauen abgebaut und seit mehr als 100 Jahren in großem Umfang von der Bauwirtschaft eingesetzt wurde. Man unterscheidet zwischen Chrysotilasbest und Amphibolasbest.

Wegen der guten Beständigkeit der Asbestfasern gegenüber hohen Temperaturen, Witterungseinflüssen, chemischen Angriffen und der Verbesserung mechanischer Eigenschaften von Bauprodukten durch Faseranteile fand es breite Anwendung im

  • Brandschutz (Platten, Stopfmassen, Spritzasbest, Kabelisolierungen, Brandschutzklappen und -türen u.a.)
  • Hitzeschutz (Isolierung von Rohren, Heizungsteilen, Flanschdichtungen)
  • Schallschutz, Feuchteschutz (Fassadenplatten, Dacheindeckungen, Leitungen und Kanäle), Abdichtbahnen und Gewebe
  • Zusatz zur Eigenschaftsverbesserung und besseren Verarbeitung in Spachteln, Putzen, Fliesen- oder Fußbodenkleber, Anstrichen, Bodenbeläge.

Insgesamt war die Vielfalt der eingesetzten asbesthaltiger Produkte in der alten Bundesrepublik deutlich größer als in der DDR.

In der TRGS 519 werden aufgrund ihrer Dichte und Asbestmaterialgehalte drei Asbestproduktgruppen unterschieden:

  • Schwachgebundene Produkte (Dichte < 1000 kg/m³ i.d.R.)
  • Festgebundene Produkte (Dichte > 1000 kg/m, < 15 % Asbestgehalt)
  • Sonstiges Asbestprodukte.

Die meisten asbesthaltigen Baumaterialien wurden in den 1960er und 1970er Jahren verbaut. Es ist zu beachten, dass auch bei Umbauten in älteren, historischen Gebäuden in diesem Zeitraum asbesthaltige Produkte verwendet wurden.

Verwendungsverbote

  • Verbot Spitzasbest in der DDR 1969, BRD 1979
  • Verbot andere schwachgebundene Asbestprodukte 1984 (BRD)
  • Verbot festgebundener AZ-Platten im Hochbau 1992
  • Allgemeines Asbestverwendungsgebot in Deutschland 1995, EU 2005

Gesundheitsgefährdungen durch Asbestfasern

Die lungengängigen Asbestfasern dringen in tiefere Bereiche der Lunge vor, können sich noch längs teilen und damit in der Wirkung verstärken und werden vom Körper nur schwer oder gar nicht aufgelöst werden. Asbest kann insbesondere bei Beschäftigten die regelmäßig und länger höheren Faserkonzentrationen ausgesetzt waren (Industrie, Bauwirtschaft) zu Krebs oder Asbestose führen. Die Kombination von Asbestfaserexposition mit Tabakrauch oder anderen PAK-Belastungen verstärkt die Wirkung.

Risikobewertung von schwach gebundenen Asbestprodukten

Vor Umbau, Abriss oder anderen baulichen Eingriffen in die Gebäudestruktur müssen asbesthaltige Produkte ermittelt werden. Hierzu sind der Bauherr gemäß Baurecht und Abfallrecht verpflichtet sowie das bauausführende Unternehmen nach Arbeitsschutzrecht und Gefahrstoffrecht.

Schwach gebundene Asbestprodukte müssen auf Basis des Formblatts der Asbest-Richtlinie 1996 bezüglich ihrer Sanierungsdringlichkeit von qualifizierten, geprüften Sachkundigen nach TRGS 519 bewertet werden. Hierbei wird abhängig von der Materialart, Einbau, Zustand, Raumnutzung und ggf. nach Auswertung ergänzender Raumluft- und Kontaktproben eine Punktezahl ermittelt, aus der sich bei > 80 Punkten unverzügliche Maßnahmen ergeben, bei <79 Punkten eine spätere Nachinspektion und Neubewertung erforderlich ist.

Für asbesthaltige Produkte, wie Brandschutzklappen, Brandschutztüren, Flanschdichtungen gelten diese Einstufungsregeln nicht, diese fallen in die Dringlichkeitsstufe III.

Risiko der Faserfreisetzung und Richtwerte für Raumluft

Aus asbesthaltigen Bauprodukten können bei schwachgebundenen Materialien bereits im eingebauten Zustand durch Erschütterungen und Luftbewegungen Fasern in die Raumluft freigesetzt werden. Bei festgebundenen Produkten ist wegen der geringeren Materialgehalte an Asbest und der festeren Faserbindung in der Matrix nur bei mechanischer Bearbeitung mit Faserfreisetzungen zu rechnen.

Wegen der krebserzeugenden Wirkung können für Innenraumluft keine Grenzwerte für unkritische Faserkonzentrationen festgelegt werden. Gemäß Asbestrichtlinie 1996, die von den Bundesländern in Baurecht übernommen wurde, sollten nach Sanierungsmaßnahmen die Faserkonzentrationen < 500 Fasern/m³ bei einer Poisson-Wahrscheinlichkeit < 1000 Fasern/m³ betragen (Messung nach VDI 3492 bzw. nachfolgenden Regelwerken.

Wenn bei Statusmessungen in Innenraumluft (Büros, Wohnungen, Schulen etc.) Faserkonzentrationen über 1000 Faser/m³ gemessen werden, sollten diese Räume aus der Nutzung genommen werden. Es ist zu beachten, dass auch in der Außenluft geringe Asbestfaserkonzentrationen auftreten können, früher 100-300 Fasern/m³, heute deutlich unter 100 Fasern/m³ in städtischen Gebieten.

An Arbeitsplätzten mit Umgang mit asbesthaltigen Materialien  gelten die Vorgabe und Anforderungen der TRGS 910 und TRGS 519:

  • nach TRGS 519 emissionsarme Verfahren < 10.000 Fasern/m³
  • nach TRGS 519 Arbeiten geringen Umfangs < 100.000 Fasern/m³

Arbeiten an und Sanierung von schwachgebundenen Asbestprodukten

Arbeiten  an schwach gebundenen Asbestprodukten unterliegen den Vorgaben der Gefahrstoffverordnung, der Asbestrichtlinien und der TRGS 519 und dürfen nur von hierfür qualifizierten, geprüften und zugelassenen Sanierungsfachfirmen ausgeführt werden.

Die Asbest-Richtlinien der Länder unterscheiden bei den Sanierungsmethoden zwischen:

  • Methode 1: Entfernen
  • Methode 2: Beschichten (und Kennzeichnung)
  • Methode 3: räumliche Trennung (und Kennzeichnung)

Bei umfangreichen Asbestsanierungen sind Schutzmaßnahmen wir folgt einzuhalten:

  • Luftdichte Abschottungen des Sanierungsbereiches mit Schleusen
  • Unterdruckhaltung, technischer Luftwechsel
  • Arbeitsmedizinisch geprüfte Mitarbeiter in persönliche Schutzausrüstung
  • Endreinigung mit geprüften H-Saugern und Faserbindung
  • Messtechnische Sanierungskontrolle durch Sachverständigen.

Bei Sanierungsmaßnahmen geringen Umfangs oder mit zugelassenen emissionsarmen Verfahren (DGUV 201-012) kann auf Unterdruckhaltung, strenge Schutzmaßmaßnahmen und abschließende Kontrollmessungen verzichtet werden.

Faserfreisetzung aus und potentielle Gefährdungen durch festgebundene asbesthaltige Produkte wie Floor-Flexplatten-Bodenbeläge, Asbestzement-Fensterbänke und ähnliche Produkte

Abgrenzung festgebundener zu schwach gebundenen asbesthaltigen Produkten

Asbest ist auch heute noch in vielen älteren Gebäuden in den eingesetzten Baustoffen häufig anzutreffen. Mengenmäßig sind hierbei Zementasbest-Dacheindeckungen, -Fassadenverkleidungen, -Wasserrohre sowie im Innenbereich die asbesthaltigen Bodenbeläge, deren Kleber die häufigsten festgebundenen Anwendungen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Bewertung von Risiken der festgebundenen Asbestprodukte wie Floorflexplatten sowie Zementasbest-Fensterbänke im eingebauten Zustand.

Bei den Bodenbelägen wird unterschieden zwischen den schwachgebundenen weichen und dickeren PVC-Fußbodenbeläge mit schwachgebundenen asbesthaltigen Pappen auf der Unterseite (Bahnenware „Cushion vinyl“). Neben den Cushion vinyl- Produkten können auch anderen PVC-Bodenbeläge asbesthaltig sein, so dass in der Regel eine objektbezogene Beprobung erforderlich ist.

Beschreibung und festgebundene asbesthaltige Bodenbeläge Flexplatten und ihrer Kleber


Die in Schulen, Mehrfamilienhäusern und Einfamilienhäusern der 1960er und 1970er Jahre noch sehr häufig anzutreffenden festgebundenen asbesthaltigen Fußbodenbeläge sind kleinformatige, quadratische, spröde PVC-Platten (Flexplatten). Diese PVC-Platten haben oft nur Asbestgehalte zwischen 1% und 5%. Die Faserbündel sind hierbei fest in der Kunststoffmatrix gebunden, weswegen sie auch als weniger kritische „festgebundene Asbestprodukte“ gemäß TRGS 519 eingestuft sind. Zusätzlich zu den Platten wurden hier oftmals auch schwarze Bitumenkleber eingesetzt, die ebenfalls geringe Asbestgehalte aufweisen können.

Die Einstufung als „festgebundenes Asbestprodukt“ bedeutet, dass diese Produkte auch heute noch in Innenräumen zulässig sind und keiner regelmäßigen Kontrolle oder Einstufung bezüglich Gefährdungen oder Sanierungsbedürftigkeit unterliegen. Nur im Falle von Instandsetzungs- oder Demontagearbeiten sind die Vorgaben der Richtlinie TRGS 519 einzuhalten.

Wegen der potentiellen Gesundheitsgefährdung durch „schwachgebundenen Asbestprodukten“ wurde für diese die „Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwachgebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbestrichtlinie)“ in der aktuellen Fassung von 1996 als bauordnungsrechtliche technische Baubestimmung eingeführt.

Es besteht aber grundsätzlich kein Ausbau- oder Entfernungsgebot für Asbestprodukte in Gebäuden. Das Vorhandensein von intakten festgebundenen oder gekennzeichneten schwachgebundenen Asbestprodukten stellt keinen Verstoß gegen die Vorschriften dar.

Faserfreisetzung aus Flexplattenfußböden und –klebern

im eingebauten Zustand

Grundsätzlich weisen die Asbestrichtlinien, die TRGS 519 und die Handlungsempfehlungen der Berufsgenossenschaft darauf hin, dass von festgebundenen asbesthaltige Materialien, wie Flexplatten-Bodenbelägen oder Fensterbänken, keine Faserfreisetzung ausgeht, solange diese intakte Oberflächen aufweisen und nicht mechanisch beansprucht oder falsch behandelt werden (Abschleifen, Brechen, ungeschütztes Entfernen).

Im Rahmen unserer Sachverständigentätigkeit für Gerichte, Immobilienverwaltungen und Schulträger haben wir in den vergangenen 20 Jahren eine Vielzahl von begleitenden Messungen in Räumen mit Flexplatten-Bodenbelägen mit asbesthaltigen Klebern vorgenommen.

Hieraus lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

  • auch wenn Bodenbeläge wie vorstehend dargestellt stärkere Beschädigungen aufweisen und mechanisch beansprucht werden, kommt es im eingebauten Zustand durch die feste Faserbindung in der Regel zu keiner nennenswerten Asbestfaserfreisetzung in die Innenräumen, die Raumluftkonzentrationen in den von uns untersuchten Objekten lag stets deutlich unterhalb des Richtwertes von << 1000 Fasern/m³und auch auf den Sedimentationsflächen wurden meist keine auffälligen Asbestfaserkonzentrationen nachgewiesen
  • nur im Falle unsachgemäß ausgeführter handwerklicher Ausbauten oder Teildemontagen kann es zu Faserfreisetzungen, insbesondere zu kontaminierten Baustäuben kommen, die dann durch spezielle Reinigungen entfernt werden müssen.

Instandhaltung, Abbruch und Sanierung

Die Demontage der Flexplattenoberbelägen führt in der Regel nicht zu starken Faserfreisetzungen in die Räume, aber die mechanische Entfernung asbesthaltiger Kleber von Estrichoberflächen.

Auch festgebundene Produkte, wie Fensterbänke und Floor-Flexbodenbeläge, dürfen nur von geprüften Fachfirmen (TRGS 519 Sachkundeprüfung) demontiert werden.

Gemäß TRGS 519 wird wie folgt unterschieden:

Abbrucharbeiten

  • vollständiges Abbrechen (Rückbau) baulicher Anlagen oder Teilen davon und vollständiges Entfernen asbesthaltiger Materialien, z.B. Estriche, Bodenbeläge, Kleber etc.

Sanierungsarbeiten

  • Beschichten und räumliche Trennung schwach gebundener Asbestprodukte

Instandhaltungsarbeiten

  • Wartung, Inspektion und Instandsetzung
  • Die Demontage festgebundener asbesthaltiger Materialien, wie Floor-Flexplatten oder Zementasbestfensterbänke wird in der Regel nach Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung mit von der Berufsgenossenschaft zugelassenen Verfahren mit geringer Exposition ausgeführt. Derartige Verfahren sind geprüft und zugelassen für:
  • Instandhaltungsarbeiten an Asbestzementprodukten, z.B. Abwaschen und Beschichten bereits beschichteter Fassadenplatten
  • Ausbau und Transport einzelner unbeschädigter Platten per Hand
  • „Emissionsarme Verfahren“ – z.B. Abtrag asbesthaltiger Kleber (BGI 664 – Arbeitsverfahren BT 17 und BT 33)

Durch den Einsatz dieser geprüften Verfahren mit geringer Faseremission wird der Sanierungsaufwand deutlich minimiert, weil anders als bei den klassischen Asbestsanierungen schwachgebundener Produkte luftdichten Abschottungen, kontinuierliche Unterdruckhaltung und Erfolgskontrollmessungen in der Regel entfallen können.

Auch während der Arbeiten mit den geprüften Verfahren liegen die Faserkonzentrationen unterhalb der Akzeptanzkonzentration von 10.000 Fasern/m³ in diesen Sanierungsarbeitsbereichen.

 

Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. René Fuchs

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Literaturnachweis

/1/ Hans-Dieter Bossemeyer, Schadstoffe im Baubestand, Rudolf Müller Verlag 2016

/2/ Umweltbundesamt Texte 36/97: Technische Maßnahmen zur Verminderung der Risiken durch künstliche Mineralfasern (KMF) sowie Anforderungen an mögliche Alternativen, Forschungsbericht 101 01 131, UBA-FB 98-036

/3/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 905: Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe, Ausgabe April 1995, Bekanntmachung des BMA betreffend die TRGS 905; Bundesarbeitsblatt 10 (1996)

/4/ Umweltbundesamt: Untersuchungen zur Innenraumbelastung durch faserförmige Stäube aus eingebauten Mineralwolle-Erzeugnissen; UBA-Texte 30/94, Umweltbundesamt 1994

/5/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 521: Faserstäube Ausgabe Oktober 1996/ Fassung April 1999, Carl Heymanns Verlag Köln/// Länderausschuß für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik LASI: Leitfaden Künstliche Mineralfasern LV 17

/6/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 TRGS 519 (Fassung 31.10.2019) - Seite 1 von 83 - Ausschuss für Gefahrstoffe - AGS-Geschäftsführung - BAuA - ww.baua.de/ags -

Ausgabe: Januar 2014, GMBl 2014 S. 164-201 v. 20.3.2014 [Nr. 8/9]

zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2019 S. 786-798 v. 17.10.2019 [Nr. 40] *)

/7/  Hinweise für die Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung durch Parkettböden mit Teerklebstoffen in Gebäuden (PAK-Hinweise) - Fassung April 2000 - Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz - Konferenz der für Städ-tebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU)

 

/8/ Asbest-Richtlinie, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie) (1996-01)

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