Autor:

Dipl.-Ing. René Fuchs 2020,  Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (IHK)

Bestellungsgebiet: Schimmelpilze und Schadstoffe in Innenräumen

Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. René Fuchs

Ihr Baubiologie-Partner für gesunde Innenraumluft

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Polychlorierte Biphenyle (PCB)

Einsatzgebiete von PCB

Die technischen Gemische mit polychlorierten Biphenylen weisen hervorragende technische Eigenschaften auf: sie haben eine hohe chemischen Stabilität, thermische Beständigkeit, gute Isoliereigenschaften gegenüber elektrischem Strom, Eigenschaftsverbesserer und Weichmacher. Dementsprechend fanden PCB breite Anwendung in der technischen Ausstattung, wie Ölen für Kondensatoren, Transformatoren, Pumpen, Turbinen, Schmierstoffen. In Gebäuden und Baustoffen können folgende PCB-haltige Materialien vorhanden sein:

  • PCB-haltige Schalöle auf Oberflächen von Betonbauteilen
  • großformatige Akustikdeckenverkleidungen aus beschichteten Presspanelementen, die mit flammhemmenden PCB-haltigen Anstrichen versehen wurden (z.B.„Micropor-Platten“)
  • PCB als Weichmacher in dauerelastischen Fugenmaterialien in der Betontafelbauweise
  • PCB als Zusatz in Flammschutzanstrichen, Klebstoffen, Kabelisolierungen, Vergussmassen

Anwendungszeiträume, Regelungen und Verbote

Die meisten PCB-haltigen Materialien wurden von Anfang der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre in der Bundesrepublik verbaut, in der DDR wurden keine PCB-haltigen Fugenmaterialien eingesetzt. Die Verwendung von PCB in Deckenplatten („Wilhelmi-Decken“) endete ca. 1971, in elektrotechnischen Anwendungen im Jahr 1984. Im Gebäudebestand aus den 1960er und 1970er Jahren, insbesondere in Schul-, Verwaltungsgebäuden und Gewebeobjekten sind noch heute viele unsanierte PCB-haltige Fugenmaterialien vorhanden.

1973 empfahl die OECD, PCB nicht mehr für offene Anwendungen zu nutzen. Die Bewertung und der Umgang mit PCB-haltigen Materialien wurde 1989 durch die PCB-, PCT-, VC-Verbotsverordnung, die ab 1993 durch das Chemikalienverbotsgesetz ersetzt wurde, geregelt. Ergänzend wurde von der ARGEBAU 1994 eine PCB-Richtlinie zur Bewertung und Sanierung PCB-haltiger Bauteile herausgegeben, die von den meisten Bundesländern in das Landesbaurecht übernommen wurde. Ab 2004: Verwendungsverbot „Liste der verbotenen Stoffe“.

Gesundheitliche Gefährdungen

Die akute Toxizität von PCB ist gering, doch die Langzeitfolgen können wegen der Anreicherung im Fettgewebe, potentiell krebserzeugender, immun- und reproduktionstoxischer Wirkung erheblich sein.

Die Hauptaufnahmewege  für PCB der Normalbevölkerung sind jedoch nicht Innenraumbelastungen, sondern die Aufnahme mit der Nahrung, insbesondere durch Fischprodukte.  Es wird davon ausgegangen, dass erst bei Raumluftkonzentrationen über 10.000 ng/m³ bei längerem Aufenthalt ein Einfluss auf die Blutwerte messtechnisch nachweisbar ist.

Messtechnik und Bewertung

Eine Untersuchung auf PCB ist üblicherweise nur in Gebäuden sinnvoll, die im Zeitraum von 1960 – 1973 errichtet, umgebaut oder teilweise neu ausgestattet wurden. Ob die typischen PCB-verdächtigen Materialien vorliegen, kann am besten durch eine Vorabbegehung und Analysen klären. Bei auffälligen Materialbefunden werden repräsentative Räume für stichprobenartige messtechnische Überprüfung ausgewählt.

Genaue Vorgaben zur Probenahmetechnik und den Randbedingungen der Messung enthalten die DIN EN ISO 16000-12:2008-08 (Probenahmestrategie für polychlorierte Biphenyle (PCB), polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD), polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) (ISO 16000-12:2008); Deutsche Fassung EN ISO 16000-12:2008).

Die Richtlinie unterscheidet zwischen zwei unterschiedlichen Messaufgaben bei Raumluftmessungen:

  • der Überprüfung von Richtwerten als Statusmessung oder Kontrollmessung nach Sanierung
  • der messtechnischen Begleitung von Sanierungsmaßnahmen- Messung im Gleichgewichtszustand ohne Lüftung („worst case“)

Es ist zu beachten, dass die Raumluftgehalte saisonal um den Faktor 3 – 5 schwanken können, so dass zur Richtwertüberprüfung der Jahresmittelwert herangezogen werden muss.


Die Einstufungen der Ergebnisse erfolgt gemäß der PCB-Richtlinie und ad-hoc-Arbeitsgruppe am Umweltbundesamt nach folgenden Richtwerten:

  • Raumluftkonzentrationen kleiner 300 ng/m³ (RW I Vorsorgewert)
  • Raumluftkonzentrationen zwischen 300 und 3000 ng/m³
  • Raumluftkonzentrationen über 3000 ng/m³ (RW II Gefahrenwert)

Für dioxinähnliche höher chlorierte PCB dient die Leitkongener PCB 118 für die ein Gefahrenwert RW II von 10 ng/m³ toxikologisch abgeleitet wird, der in Raumluft zu unterschreiten ist. Dieser Leitkomponente ist in jedem Fall mitzubestimmen, wenn die Gesamt-PCB-Gehalte in der Raumluft größer 1.000 ng/m³ sind.

Wenn der Vorsorgewert RW II überschritten wird, sind sofortige emissionsmindernde Maßnahmen zu ergreifen oder die entsprechenden Räume bis zu einer wirkungsvollen Reduzierung aus der Nutzung zu nehmen.

Umgang und Sanierungsmaßnahmen
Die Erkundung PCB-haltiger Materialien im Gebäudebestand ist Aufgabe des Eigentümers/ Bauherrn nach Baurecht du Abfallrecht. Die Abklärung bei Schadstoffverdacht muss auf Basis des Gefahrstoffrechts, Arbeitschutz- und Abfallrecht im Falle von Baumaßnahmen durch das ausführende Unternehmen vorgenommen werden. Erkundung, Beprobung, Bewertung und das Erstellen von Sanierungskonzepten ist eine Aufgabe für einen erfahrenen Sachverständigen.

Die PCB-Sanierungsmaßnahmen müssen in einem abgestimmten und dem Projekt angepassten Sanierungskonzept erfolgen, das Arbeitsschutz, abfalltechnische, bautechnische und statische Aspekte berücksichtigt. Die Vorgaben der GefahrstoffVO, TRGS 524 „Arbeiten in kontaminierten Bereichen“, DGUV 101-004 und 213-045 sind einzuhalten. Daher sollten mit den Sanierungsarbeiten nur Firmen beauftragt werden, die Erfahrungen bei der Schadstoffsanierung nachweisen können, über die entsprechende Ausrüstung verfügen und deren Personal arbeitsmedizinisch überwacht wird.


Bei der Sanierung sind Primärquellen und sekundäre Anlagerungen auf ursprünglich nicht kontaminierten Oberflächen, wie Wänden, Bodenbelägen, Inventar zu beachten, wenn das Sanierungsziel einer dauerhaften Unterschreitung des RW I erreicht werden soll.

Literaturnachweis

/1/ Hans-Dieter Bossemeyer, Schadstoffe im Baubestand, Rudolf Müller Verlag 2016

/2/ Umweltbundesamt Texte 36/97: Technische Maßnahmen zur Verminderung der Risiken durch künstliche Mineralfasern (KMF) sowie Anforderungen an mögliche Alternativen, Forschungsbericht 101 01 131, UBA-FB 98-036

/3/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 905: Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe, Ausgabe April 1995, Bekanntmachung des BMA betreffend die TRGS 905; Bundesarbeitsblatt 10 (1996)

/4/ Umweltbundesamt: Untersuchungen zur Innenraumbelastung durch faserförmige Stäube aus eingebauten Mineralwolle-Erzeugnissen; UBA-Texte 30/94, Umweltbundesamt 1994

/5/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 521: Faserstäube Ausgabe Oktober 1996/ Fassung April 1999, Carl Heymanns Verlag Köln/// Länderausschuß für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik LASI: Leitfaden Künstliche Mineralfasern LV 17

/6/ Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 TRGS 519 (Fassung 31.10.2019) - Seite 1 von 83 - Ausschuss für Gefahrstoffe - AGS-Geschäftsführung - BAuA - ww.baua.de/ags -

Ausgabe: Januar 2014, GMBl 2014 S. 164-201 v. 20.3.2014 [Nr. 8/9]

zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2019 S. 786-798 v. 17.10.2019 [Nr. 40] *)

/7/  Hinweise für die Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung durch Parkettböden mit Teerklebstoffen in Gebäuden (PAK-Hinweise) - Fassung April 2000 - Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz - Konferenz der für Städ-tebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU)

/8/ Asbest-Richtlinie, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie) (1996-01)

 

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