Autor: Dipl.-Ing. René Fuchs 2019,  Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (IHK)

Bestellungsgebiet: Schimmelpilze und Schadstoffe in Innenräumen

 

Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. René Fuchs

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Schadstoffmessung im Fertighaus - Holzschutzmittel, Gerüche und Schimmel in älteren Fertighäusern in Berlin und Brandenburg

Zusammenfassung

Möglichen Schadstoffbelastungen sind in Fertighäuser aus den Baujahren Ende der 1960er bis Ende der 1970er Jahre regelmäßig anzutreffen. Die in Westberlin stehenden Fertighäuser der großen westdeutschen Hersteller, wie OKAL, STREIF, MASSA u.a. zeigen andere Baustruktur und anderes typische Ausgasungen als die alten DDR-Bungalows und Pavillons in Fertigbauweise.

Bei den zurzeit häufig zum Verkauf stehenden Fertighäusern der ersten Generation können neben erhöhten Formaldehydausgasungen auch weitere Schadstoff-Klassiker wie PCP, Lindan, Asbest und kritische Mineralfaserdämmungen vorhanden sein, außerdem asbesthaltige Bodenbeläge (Flexplattenbodenbeläge mit Klebern oder Cushionvinyl-Bodenbeläge sowie Asbestzementfassadenplatten, Dacheindeckung). Die Schadstoffe sind bei anstehenden Umbauarbeiten wie Fensteraustausch oder nachträglicher Wärmedämmung unbedingt zu beachten, weil hierdurch die Dichtheit der Gebäudehülle erhöht wird und die Luftkonzentrationen steigen. Durch Anfeuchtungen des Wand- und Fußbodenaufbaus (Wasserschäden, Kondensation) können außerdem Geruchsstoffe wie Chloranisole oder verdeckt liegender Schimmelbefall vorliegen. Diese Belastungen können ungeplante Sanierungskosten deutlich über von 50.000 EUR erzeugen und sollten vor einer Kaufentscheidung, Preisfindung und Finanzierung derartiger Objekte durch eine sachgerechte Schadstoffuntersuchung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abgeklärt werden.

Raumluftmessungen auf Formaldehyd aus Pressspanplatten

Formaldehyd bildet sich durch eine chemische Reaktion der Luftfeuchte mit der Verleimung der Pressspanplatten ständig neu, eine „vollständige Ausdunstung“ wird daher materialbedingt nicht möglich sein. Die Stärke der Formaldehydemission aus den Platten und die sich einstellenden Raumluftkonzentrationen sind, je nach Bauart, Lage des Hauses, Herstellungsjahr, Hersteller und Modell und Luftdichtheit unterschiedlich.  Klarheit kann nur Raumluftmessung ohne vorherige Lüftung bringen. Es ist zu beachten, dass die Messbedingungen und die Außenbedingungen bei der Messung (Jahreszeit, Außentemperatur, Feuchte, Windstärke) starken Einfluss auf die gemessenen Konzentrationen haben. Die jahreszeitlichen Schwankungen bei 30% bis 50% liegen.

Formaldehyd ist als krebserzeugend beziehungsweise Verdacht einer krebserzeugenden Wirkung eingestuft. Die Europäische Union setzte den Raumluftrichtwert 2014 auf 100 µg/m³ herunter.

 

Probenahmetechnik:                   Raumluftmessung Formaldehyd V=80l

mit Adsorption auf DNPH – Kartuschen

Analytik:                                      gemäß VDI - Richtlinie 3862, ersetzt durch

DIN 16000

Beispiel von gemessenen Formaldehydkonzentrationen in einem Schlafzimmer eines Fertighauses von 1974:

Sanierungsbeispiel vorher - nachher:  Raumluftkonzentration Formaldehyd im Schlafzimmer

 

 

Messpunkt

und Erläuterung

 

 

Raumluftkonzentration

Formaldehyd

 

in µg / m³

Messwert im Schlafzimmer

vor Sanierung der Wandplatten

 

136

Messwert im Schlafzimmer

nach Sanierung durch Innenplattenaustausch

 

35

Empfehlung Bundesgesundheitsamt

100

Baubiologische Empfehlung und WHO

60

Bestimmungsgrenze des Verfahrens**

5

 

Holzschutzmittelausgasungen aus dem Ständerwerk (PCP, Lindan)

Die Holzständerkonstruktion von Fertighäusern wurde meist mit der fungiziden Verbindung Pentachlorphenol (PCP) und der leichter flüchtige insektiziden Verbindung Lindan behandelt. Häufig sind die durch jahrelange Ausgasungen entstandenen sogenannten Sekundärkontaminationen im Wandaufbau (Mineralwolle, Presspanplattenoberflächen) höher als der Holzschutzmitteleintrag in die Raumluft.

Zur Bewertung von PCP-Belastung kann die PCP-Richtlinie: „Richtlinie für die Bewertung und Sanierung Pentachlorphenol (PCP) – belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden“ der Fachkommission Bauordnung der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (ARGEBAU) herangezogen werden. Die Richtlinie wurde von verschiedenen Bundesländern als technische Regel übernommen. Darin heißt es in einem Ablaufschema zur Ermittlung der Sanierungsnotwendigkeit, dass im Falle einer Staubbelastung über 1 mg/kg (Frischstaub) bzw. 5 mg/kg (Altstaub) sowie einer PCP-Konzentration in einer Holzprobe aus 0 -2 mm Tiefe über 50 mg/kg die im Jahresmittel zu erwartende Raumluftkonzentration ermittelt werden muss. Liegt die im Jahresmittel zu erwartende Raumluftbelastung über 1 µg/m3 (= 1.000 ng/m3) ist eine Sanierung erforderlich.

Für Raumluft  hat die Arbeitsgruppe AIR am Umweltbundesamt und der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) eine Eingriffschwelle Richtwert II (RW II) von 1.000 ng/m3 und einen Vorsorgewert Richtwert I (RW I) von 100 ng/m3 festgetlegt.

Für Lindan existieren keine Richtwerte der Kommission – die Verbindung wird von verschiedenen Landesgesundheitsbehörden ähnlich wie PCP eingeschätzt.

Raumluftbeprobung und Analytik auf Biozide PCP und Lindan:

Probenahme auf Polyurethanschaum (PUF), Standardsammelvolumen 2000 L. Analyse mittels Kapillargaschromatographie und Flammenionisations- / Elektroneneinfang-Detektor (GC/FID/ECD) bzw. Massen­spektrometrie (GC/MS). Kalibration und Gehaltsbestimmung über externe Standards.

Gerüche in Fertighäusern durch Chloranisole und Essigsäure

Chloranisole sind schimmelig-muffig riechende Verbindungen, die durch mikrobielle Zersetzung der PCP-Imprägnierung im Außenwandaufbau entstehen und die typischen Fertighausgerüche darstellen. Der Schwerpunkt dieser Geruchsbelästigungen befindet sich meist im Eingangsbereich und an den unbesonnten, kühleren Räumen.

Der typische Fertighausgeruch ist oft unangenehm und intensiv, lagert sich in Inventar und Kleidung der Bewohner an, so dass die Geruchsbelästigungen im Vordergrund stehen, nicht die gesundheitliche Gefährdung durch Chloranisole. Diese Geruchsauffälligkeiten werden bei Hausbesichtigungen meist den älteren Voreigentümern zugeschrieben. Sie reduzieren sich durch das Entfernen alter Materialoberflächen (Tapeten, Bodenbeläge, Inventar) und Neuausstattung, kommen dann aber bald zurück. Im Fall, dass bei Umbaumaßnahmen neue OSB-Platten eingesetzt werden, können außerdem verstärkte Ausgasungen mit organischen Säuren (Essigsäure, Ameisensäure) auftreten, die auch zu Schleimhautreizungen führen können.

Chloranisole und auch organische Säuren, wie Essigsäure und Ameisensäuren können durch Raumluftmessungen leicht gemessen werden, aber zurzeit existieren keine verbindlichen RWI- oder RW II-Werte.

Untersuchung von Raumluft auf Mono-Chlornaphthalin und Chlor-Anisole

Probenahme auf Polyurethanschaum (PUF), Standardsammelvolumen 2000 L. Desorption mit Aceton, Analyse mittels Kapillargas­chromatographie und Elektroneneinfang-Detektor (GC/ECD). Kalibration und Gehaltsbestimmung über externe Standards.

Bei allen Raumluftmessungen in Fertighäusern auf Formaldehyd, organische Säuren, Chloranisole ist zu beachten, dass die DIN 16000 (VDI 4300 Blatt 1) eine Messung nach 8 Stunden ohne Lüftung und eine Temperierung der Raumluft und Raumoberflächen auf 20°C bis maximal 26°C vorschreibt.

Die Raumluftsituation ist nur abschließend bewertbar, wenn diese Messbedingungen eingehalten werden.  Abgeschaltete Heizkörper oder Stoßlüftungen vor der Messung können die Laborbefunde gravierend verändern. Bei gerichtlichen Untersuchungen werden die Häuser zuvor vom Sachverständigen verschlossen und versiegelt.

Asbest und künstliche Mineralfasern (KMF) in Fertighäusern

In den 1960er und 1970er Jahren wurden in Brandschutzplatten, Bodenbelägen, Klebern, Putzen häufig asbesthaltige Produkte eingesetzt. Während die Messungen laufen wird in der Regel gemeinsam mit Ihnen eine Inspektion der Räume vorgenommen und die offenliegenden inspiziert. Typischerweise sind in den Wandaufbauten der Fertighäuser Dämmmatten aus künstlichen Mineralfasern (KMF) eingelegt, die wegen ihrer chemischen Zusammensetzung und Fasergeometrie als krebserregend K2 eingestuft werden.

Im eingebauten Zustand sind meist weder die verbauten asbesthaltigen Bodenbeläge, asbesthaltigen Fassadenplatten oder auch die dicht verschlossenen Mineralfaserdämmungen konkret sanierungsbedürftig. Beim Umgang mit diesen Material, also Erneuerung der Bodenbeläge, Veränderungen am Wandaufbau sind die strengen Vorgaben bezüglich Arbeitsschutz und Ausführung der Maßnahmen gemäß TRGS 519 und TRGS 521 einzuhalten.

Schimmelpilze in Fertighäusern nach Wasserschäden

Da Leitungsleckagen in Fertighäusern wegen des mehrschichtigen Aufbaus lange unbemerkt bleiben können und viele organische Materialien verbaut sind, kann es zu großflächigem Schimmelpilzbefall an den Leichtbauplatten, der Dämmwolle und Holzträgerkonstruktion, insbesondere an den Fußbalken kommen. Bei längerer Feuchteeinwirkung ist auch ein Befall mit Echtem Hausschwamm im Inneren des Wandaufbaus nicht selten (siehe Fotos oben).

Bei der Schimmelpilzsanierung in Fertighauskonstruktionen ist eine Trocknung und Desinfektion allein meist nicht ausreichend.  In der Regel müssen die schimmelbefallenen Leichtbauplatten und eingelegten Dämmmatten bis in eine Höhe von 1,5 m demontiert werden. Die vollständige Sanierung befallener Fußbalken ist oft schwierig, da diese einer vollflächigen Bearbeitung nicht zugänglich.

Bei Fertighäusern mit gemauerten Kellern, können die Fundamentabdichtungen durchfeuchten. Durch vorgesetzte Holzpaneel- oder Gipskartonverkleidungen sind diese Feuchte- oder Schimmelschäden nicht so leicht erkennbar.  Das zeigen die nachfolgenden Messwerte der Partikelsammlung auf Schimmelpilze in einem Fertighaus von 1972:

Luftproben

Bestimmung der Gesamtsporen – Detailauswertung

Probe/OT/Spur/
Volumen

Pilzsporen/m3 Luft
Summe

Pilzsporen/m3 Luft a
Qualitative Auswertung

Sonstiges

Außenluftreferenz

OT 1/Spur 1/100 l

 

14.280

7.500

Cladosporium

5.100

Basidiosporen

1.000

nicht identifizierbare Sporen b

400

Ascosporen

90

Typ Scopulariopsis b

80

Typ Aspergillus/Penicillium b

60

Epicoccum

50

Typ Alternaria/Helmintho-sporium/Ulocladium b

Hautschuppenkon­zentration: niedrig

Partikelkonzentration (keine Pilze): relativ hoch bis hoch

Schlafzimmer Erdgeschoss

OT 1/Spur 2/200 l

 

6.865

4.100

Cladosporium

1.500

Basidiosporen

640

Typ Aspergillus/Penicillium b

240

nicht identifizierbare Sporen b

240

Hyphenstücke

80

Ascosporen

45

Typ Alternaria/Helmintho-sporium/Ulocladium b

20

Epicoccum

 

Hautschuppenkon­zentration: sehr hoch

Partikelkonzentration (keine Pilze): hoch

5 KMF-Bruchstücke/m3 Luft

Gästezimmer Untergeschoss

OT 1/Spur 3/100 l

 

5.940

4.500

Typ Aspergillus/Penicillium b, c

2.600

Basidiosporen

560

Cladosporium

480

nicht identifizierbare Sporen b

Hautschuppenkon­zentration: relativ hoch

Partikelkonzentration (keine Pilze): hoch

a Berechnet aus einem gezählten Sporenanteil bzw. für Sporen von Epicoccum, Chaetomium, Stachy­botrys, Typ Alternaria/Helminthosporium/Ulocladium aus der Gesamtzahl pro angegebenem Probevolumen

b Mangels charakteristischer morphologischer Merkmale nicht genauer bestimmbar

c Ca. 50% Typ Aspergillus restrictus-Gruppe

Eine Schimmelpilzmessung sollte aus unserer Sicht daher immer Bestandteil der Überprüfung von älteren Fertighäusern sein.

Sanierung von Formaldehyd und Chloranisolbelastungen in Fertighäusern

Ergeben die Raumluftmessungen hohe Formaldehydkonzentrationen oder starke Geruchsbelästigungen durch Chloranisole sind in der Regel umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderlich. Das gleiche gilt, wenn eine höhere Abdichtung des Baukörpers durch Fensteraustausch oder Außenfassadendämmung (energetische Sanierung) geplant ist, die nie ohne flankierende Schadstoffsanierungs- oder Minderungsmaßnahmen ausgeführt werden sollten.

Von den Fertighausherstellern oder anderen Fachfirmen werden neben Schadstoffsanierungen, energetischen Nachrüstungen auch Geruchssanierungen für ältere Fertighäuser angeboten.

Diese Schimmelpilzsanierungsarbeiten sollten stets von Fachfirmen ausgeführt und von Sachverständigen begleiten und durch Messungen überprüft und dokumentiert werden. Es gelten die Vorgaben des Schimmelpilz-Leitfadens des Umweltbundesamtes, der Berufsgenossenschaft Bau und die Sanierungskontrollvorgaben der WTA.

Für die Sanierung von Hausschwammbefall in Fertighäusern gelten die Vorgaben der DIN 68800 Teil 4.

Eine schnelle und vergleichsweise kostengünstige Variante zur Reduzierung der Raumluftgehalte an Schadstoffen und geruchsaktiven Raumluftverunreinigungen ist der Einbau technischer Belüftungen beziehungsweise dezentraler Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung.

Wenn ohnehin Umbaumaßnahmen vorgenommen werden sollen, können in den Hauptaufenthaltsräumen und/oder in den Räumen mit den höchsten Belastungen oder Belästigungen Wandplatten und Dämmwolle ausgebaut,  diffusionsdichte Beschichtungen auf verbleibende Elemente aufgebracht und dann wieder mit neuem Material wiederaufgebaut wird. Schwierig ist oft die Sanierung der Pressspanplatten im Deckenbereich und in den tragenden Wänden, da diese nicht ohne weiteres entfernt werden dürfen.

Die Fertighaussanierung kann meist zu keiner vollständig schadstofffreien Konstruktion führen, sondern Ziel ist die Reduzierung der Raumluftgehalte bis unter die Vorsorgewerte und die Geruchschwelle für Chloranisole. Die Maßnahmen sind eine eine anspruchsvolle gemeinschaftliche Aufgabe von Schadstoffsanierer, Schadstoffsachverständigen und Architekten.

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, wenn Sie eine Schimmelpilz- und Schadstoffmessung oder Sanierungsplanung in Ihrem Fertighaus vornehmen lassen wollen. Unsere Umweltingenieure sind in Berlin und Brandenburg für Sie da und bringen mit der Projekterfahrung aus vielen Kindergarten und Wohnhaussanierungen die passende Lösung für Innenraumprobleme.

Autor: Dipl.-Ing. René Fuchs 2019,  Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (IHK)

Bestellungsgebiet: Schimmelpilze und Schadstoffe in Innenräumen

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Ihr Partner für gesunde Innenraumluft

Berlin: 030-588 53 719

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